«Aadie Muba» – Requiem für einen Gesellschaftsevent

    Auch die neuen Angebote in Richtung «Muba 4.0» konnten die Agonie nicht stoppen

    Die Muba kämpfte 2018 noch mit Ideenvielfalt um das Weiterbestehen und buhlte um die neuen Zielgruppen. Das konzeptionelle Umdenken kam jedoch zu spät. In der Dernière 2019 zeigte sich nämlich, dass das modifizierte und interaktivere Angebot durchaus beim Publikum ankam. Auch bei der wichtigen Zielgruppe der 15- bis 35-Jährigen, die in den Jahren zuvor immer weniger Interesse an der Muba zeigte.

    (Bilder: Muba und D. Ciociola) Ein letztes Mal Gedränge vor dem Eingang zum Muba Start. Viele wünschen sich, dass es in irgend einer Form mit einem modernen Konzept weiter geht

    Die Schweizer Mustermesse fand 2016 zum 100. Mal statt. Die Dernière war die 103. Austragung. Das Traurige dabei: 2019 war wohl vom Angebot und vom Interesse einiger wichtiger Zielgruppen her die vielleicht interessanteste und beste Muba seit vielen Jahrzehnten. Zuletzt kämpfte man vehement mit zeitgemässen Ideen und Angeboten gegen das abnehmende Publikumsinteresse und die Abwanderung der Aussteller. Nur mit Ausstellern, die an einem Stand ein Produkt feilbieten – damit waren einige Zielgruppen nicht mehr in die Hallen zu locken. Es brauche zusätzliche Anreize wie interaktive Events, wurde intern festgestellt. Diese seien jedoch mit entsprechenden Kosten verbunden. Modernes Eventmarketing tat Not und es folgten tatsächlich Umsetzungen.

    Dies geschah tatsächlich, aber eben zu spät umgesetzt. Erst in den letzten Jahren kamen die grossen Impulse. Nur 2018 wurde beim Angebot deutlich spürbar einigen Zielgruppen zugespielt. Es bleibt jetzt natürlich bei vielen etwas Wehmut zurück und das Gefühl, dass diese einst als Gesellschaftsevent anerkannte Messe hätte gerettet werden müssen, wie unsere Umfrage zeigt:

    Lisa Lesunja, CEO Gold& Art Jewelery Zürich (Aussteller)
    Ich hätte mir gewünscht, dass die MUBA weiter besteht, weil es ist eine Messe bei welcher wir gerne aus Zürich hergereist sind. Wir haben uns hier an der Muba immer wohl gefühlt, weil die Basler Kundschaft, die uns ans Herz gewachsen ist, sehr treu war. Es gab immer eine grosser Vorfreude, wenn wir unseren Muba Messeauftritt planten.

    Lambros Margiotoudis, Zahnarzt, Zahnklinik Rennbahn (Aussteller)
    Wir sind mega enttäuscht dass die Messe nicht mehr weitergeführt wird. Dass wir hier lösungsorientiert die Interssierten ansprechen konnten, war ein Mehrwert. Auch die Tatsache, dass wir hier von der Altersstruktur her, gute potentielle Patienten antrafen. Ausserdem ist es eine Institution, die zu Basel gehört. Es muss jetzt eine Alternativmesse kommen, das kann es doch so nicht sein!

    Linda Werren aus Riehen (Gast)
    Ich finde es sehr schade, dass es die Muba nicht mehr gibt. Diese Messe hat immer zu Basel gehört. Früher im Frühling als Kind war der Besuch immer ein Erlebnis. Meine Mama hat die erste elektrische Nähmaschine hier gekauft, das sind alles so Erinnerungen. Ich verstehe es aber auch, dass es ein anderes Konzept haben müsste. Die Eintrittspreise hätte man günstiger machen müssen. Jetzt ist der Eintritt gratis und man merkte, dass mehr Gäste kamen.

    Michael Conod und Sascha Markovic von Hasler Fenster Therwil (Aussteller)
    Viele Kunden sagen, dass sie das Muba Aus schade finden. Für uns im Februar jetzt hier sein zu können, war ein Highlight. Hoffentlich gibt es ein neues Konzept ab nächstes Jahr und es muss auch für die Aussteller im Winter/Frühjahr stattfinden, damit es sich für sie lohnt. April/Mai war definitiv falsch gewählt und darum war die Ansetzung auch ein Schuss nach hinten. Messeplätze und Standmieten sind sehr teuer. Die Muba ist ein Stück Basler Tradition und diese sollte man pflegen.

    Fabian Ullrich und Nicole Schmid aus Basel (Gäste)
    Die Muba ist eigentlich eine gute Sache, aber es ist der lauf der Zeit. Zeit verändert sich und das ist eine Messe die es schon seit über 100 Jahren gibt und sie ist nicht mehr zeitgemäss. Die Tradition sollte man in Erinnerung behalten, aber es bringt nichts daran festzuhalten, wenn es danach nicht wirtschaftlich rentiert. Mir wäre es jedoch lieber wenn es die Muba weiterhin geben würde. Ich bin in Basel geboren und kenne die MUBA seit 40 Jahren und bin damit aufgewachsen, Die Muba ist ja eigentlich die Mutter aller Messen. Die Mutter ist jetzt zur Grossmutter geworden, aber sie hat ja viele Kinder in Form von den kleineren Messen, was bedeutet, dass sie nie ganz weg sein wird.

    Timo Rutz aus Therwil, Muba Mitarbeiter
    Ich wünsche mir nur das beste für die Muba, auch wenn es die letzte war. Es ist sehr schade, weil ich den Event mit vielen Kindheitserinnerungen verbinde. Ich liess mir keine Muba entgehen. Ich habe auch gehört, dass es die Gäste sehr schade finden und ich hoffe, dass es Zukunft etwas ähnliches wie die MUBA gibt.

    Der Paradigmenwechsel
    Die Messe, die im Ersten Weltkrieg in Basel als nationale Leistungsschau aus der Not entstand, legte den Grundstein für das moderne Messewesen in der Schweiz. Am 14. April 1917 hat der Basler Regierungsrat Hermann Blocher, der gleichzeitig Präsident des Organisationskomitees war, die erste Schweizer Mustermesse eröffnet. Sie fand im Stadtcasino, einigen Turnhallen sowie einer provisorischen Messehalle im Kleinbasel statt. Die Messe sollte als nationale Leistungsschau während des Ersten Weltkriegs den «Überlebenswillen der Schweiz und die landeseigenen Produkte stärken», wie es hiess. Im Werbeprospekt zur ersten Ausgabe waren etwa ein grosser Laib Käse, Schokolade, Messer und Uhren sowie Stumpen abgebildet. Teilnehmen durften nur Unternehmen mit einer komplett schweizerischen Belegschaft. 1945 wurden 450’000 Besuchende gezählt, fünf Jahre später 650’000. Bei der 50. Ausgabe knackte die Messe 1966 gar die Millionengrenze. Danach gingen die Besucherzahlen wieder zurück: Und zwar bis zu unter 130’000. Mit ein Grund für den Besucherrückgang war die Auslagerung von Fachmessen, die 1957 mit der «Holz» begann (Quellen: muba, SF). Einige der heute eigenständigen Messen haben die Mustermesse an Bedeutung klar überholt, etwa die 1973 erstmals durchgeführte Uhren- und Schmuckmesse, die heutige «Baselworld», oder die Swissbau. Einkaufszentren bieten – so Beobachter und Analysten – heute zudem ein ähnlich breites Angebot wie Publikumsmessen, und mit dem Internet sind Preisvergleiche auch international möglich. «Die Messe hat nicht mehr die Bedeutung, die sie einst hatte», sagte sogar René Kamm, bis August 2018 noch CEO der MCH Group AG in einem SF-Interview – weder für das Publikum, die Schweizer Wirtschaft, noch für die Veranstalterin selbst.

    JoW
    Umfrage: Daniele Ciociola

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