Digitalisierungsplan der Verwaltung: Wird Basel-Landschaft bis 2022 zum «Kanton 4.0»?
Manche Kantone und Gemeinden hinken bei der Digitalisierung etwas hinterher. Andere befinden sich gewissermassen auf dem Weg zur «Smart City» oder zum «Kanton 4.0», wenn es um die Voraussetzungen für digitale Arbeitswelten geht. Speziell bei den Verwaltungen ist noch viel Potenzial nach oben. Das hat nun auch die Baselbieter Regierung erkannt.
7,6 Millionen Franken ist die Digitalisierung der Kantonsverwaltung der Baselbieter Regierung wert. Diese Summe wurde beim Landrat bis 2022 zur Umsetzung der Ende März publizierten Strategie vorgeschlagen. Mit der Vorlage «Digitale Verwaltung 2022» soll der Kanton die Chancen der Digitalisierung nutzen, um Verwaltungsleistungen effizienter zu erbringen und für Bevölkerung und Wirtschaft zu optimieren. Zunehmend werde erwartet, dass Verwaltungsgeschäfte einfach und zeitsparend online abgewickelt werden können.
Es liegt auf der Hand: Die Ressourcen sind in den Verwaltungen nicht überall gross und Effizienz erzeugt Zeitgewinn. Zur Umsetzung schlägt die Regierung rund 40 Massnahmen vor. Einerseits geht es um die Schaffung der Grundlagen und einer so genannten «medienbruchfreien Abwicklung». Wichtig sei zudem, so steht es in der Landratsvorlage «Digitalisierung 2022», die Führungs- und Supportprozess-Digitalisierung. Neue rechtliche Grundlagen müssten zudem geschaffen werden, damit die Prozesse von der Geschäftsabwicklung bis hin zur Zustellung amtlicher Dokumente korrekt verlaufen können. Die 7,6 Millionen Franken seien «einmalige Ausgaben» vor allem aus externen Leistungen, für Software und für drei zusätzlichen Stellen für ein Kompetenzzentrum. Dem stünden später – unbezifferte – «deutliche Effizienzgewinne» gegenüber. Auch würden Porti, Druck und Archive wohl billiger. Der Wege geht also klar in Richtung e-Government. Bei Steuer-Lösungen wie auch bei der Verbesserung der Dienstleistungen an der Schnittstelle zum Bürger und für die Weiterverarbeitung im Amt.
Vorteile für die Bevölkerung
Die Vorteile für die Bevölkerung: Bewilligungsverfahren könnten rascher und stringenter durchgeführt werden, reduziert oder womöglich in Meldeverfahren umgewandelt werden. Viele Routinegeschäfte mit der Verwaltung würden demnach auch in der Regel orts- und zeitunabhängig über das Internet abgewickelt werden können. Interessant ist folgender Aspekt: Geschäfte, an deren Bearbeitung mehrere Behörden auf kantonaler oder kommunaler Stufe beteiligt sind, würden über einen einzigen digitalen Einstiegspunkt abgewickelt.
Im Zuge dessen wäre auch das Einrichten eines elektronischen Bürger- und/oder Unternehmenskonto möglich, um den Zugriff auf persönliche Daten und Geschäfte zu erlauben. Auch die leidige Angelegenheit mit den telefonischen Auskünften würde neu ablaufen. Und zwar mittels moderner Live-Chats. Ausserdem würden dann Auskunftszeiten auf die frühen Morgen- und Abendstunden ausgeweitet. Nicht vertrauliche und nicht dem Amtsgeheimnis unterliegende Datensammlungen der Verwaltung wären öffentlich zugänglich und zur Nutzung frei. Geplant ist zudem: An- und Wegleitungen in Form mehrsprachiger Videos im Web sowie eine grössere Beteiligung bezüglich der elektronischen Stimmabgabe bei Wahlen und Abstimmungen.
Die Kommunikation über soziale Medien mit der Verwaltung würde unterstützt und neue Technologien und Verfahren, die einen Beitrag zur Verbesserung des Angebots für die Verwaltungskunden leisten kämen zum Einsatz. Insgesamt wären die Verwaltungskosten mittelfristig geringer, was den Steuerzahler freuen dürfte.
«Verwaltung 4.0»: Kreativität und nichtlineares Denken statt Routine
Immer mehr Gemeinden oder Kantone bieten diverse Dienstleistungen auf dem E-Kanal an. Eine grosse Herausforderung ist, dass zahlreiche Ämter und Behörden derzeit damit beschäftigt sind, ihre Geschäftsprozesse zu integrieren und mit neuen IT-Lösungen durchgängig zu unterstützen. Diese ganzen Auswirkungen haben Einfluss auf das Personalmanagement. Manche Verwaltungsstellen können nur dann erhalten werden, wenn nicht nur Routinearbeiten anfallen und Mehrwert gefragt ist. Viele Fachleute sprechen da von einer Ergebnis- anstelle einer Präsenzkultur. Die geforderten Fähigkeiten in der Verwaltung könnten bald neu definiert werden: Kreativität, nichtlineares Denken (das können die Maschinen nicht übernehmen) und der Einsatz von ausgeprägten ICT-Kenntnissen (Quelle: Weka – Der «Solution Worker» als Antwort auf den Arbeitsmarkt von morgen: www.praxisseminare.ch/blog/detail/article/kreativitaet-der-solution-worker-als-antwort-auf-den-arbeitsmarkt-von-morgen/).
Auch wenn bezüglich Personalentwicklung 4.0 in den nächsten Jahren noch keine allzu grossen Veränderungen in den Verwaltungen beziehungsweise Ämtern feststellbar sein werden: Man kann die Augen vor den Entwicklungen diesbezüglich nicht verschliessen. Das World Economic Forum (WEF) beispielsweise sagt voraus, dass zwei Drittel der Kinder, die heute die Primarschule besuchen, einmal einen Beruf ausüben werden, der heute noch gar nicht existiert. Die Digitalisierung der Dienstleistungen und die Verwaltung mit Computerprogrammen haben laut Angaben des Bundesamts für Statistik (BFS) in der Schweiz in den letzten 15 Jahren bereits zum Verlust von über 180’000 Verwaltungsstellen geführt. 1991 waren über 15 Prozent aller Arbeitsstellen in der Schweiz administrative Jobs, 2015 waren es noch unter zehn Prozent. In der gleichen Zeit haben sich intellektuelle und wissenschaftliche Stellen mehr als verdoppelt (614’000 von 1’013’000 in dieser Zeit geschaffenen Arbeitsstellen, Quelle: Swissinfo). Sie entsprechen heute mehr als einem Viertel aller Arbeitsstellen.
Ein Paradigmenwechsel in der Verwaltung undim Büro?
Aber auch bestimmte Fachleute können sich auf die Zukunft und die sich bietenden Perspektiven bezüglich «Verwaltung 4.0» freuen. Zum Beispiel die Technischen Kaufleute und die Fachleute Büromanagement. Die Technischen Kaufleute sind vielseitig, gut ausgebildet und auf dem Arbeitsmarkt begehrt. Und erst recht, wenn sie Management-Fähigkeiten mitbringen. Sie gelten nicht ohne Grund als die «eierlegenden Wollmilchsäue» in der Branche. Wer sich für diese Ausbildung entscheidet, wird einen Wettbewerbsvorteil auf dem Arbeitsmarkt geniessen. Einer der Berufe, der sich ebenfalls in den kommenden Jahren in einer modernen Verwaltung stark entwickeln wird, ist jener als Fachmann oder Fachfrau Büromanagement. Denn hier geht es um den wichtigen Hierarchiebereich des mittleren Kaders. Gleich hinter der Unternehmensleitung ist man die Person mit der grössten Verantwortung. Viele bilden sich anschlies¬send auch noch zur Führungsfachperson HF aus. Schnittstellenberufe sind branchenübergreifend der Trend, denn diese braucht es, wenn Digitalisierung Einzug erhält. In der TEKO Basel beispielsweise, werden die künftigen Verwaltungsmitarbeitenden fit gemacht für ihren Job. Schulleiterin Terry Tschumi: «Anforderungsreich sind die bürowirtschaftlichen sowie projekt- und auftragsbezogenen Prozesse, die überwacht werden müssen. Man ist also gewissermassen eine Multitasking-Person und sorgt gleichzeitig für eine effiziente und effektive Arbeitsweise in der Administration.»
JoW