«Spektakelhockey» in einer «Problemliga»

    In der St. Jakob Arena wird diese Saison oft guter, mitunter sogar auch mitreissender Eishockeysport geboten. Und wenn Spektakelhockey zelebriert wird, ist einer dafür hauptverantwortlich, der die Herzen der hiesigen Eishockeyfans im Sturm erobert hat: Jakob Stukel. Alle freuen sich in der EHC Basel «Bubble» und innerhalb der Swiss League. Etwas «überschattet» wird diese Freude jedoch von grossen Herausforderungen betreffend der Zukunft der Swiss League.

    (Bild: JoW) Die St. Jakob Arena: Hier wird sportliches Spektakel geboten, das beim Basler und Baselbieter Sportpublikum mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.

    Der EHC Basel spielt in einer Liga, die derzeit um ihre Fans und auch um ihr Image kämpft. Ganz im Gegenteil zur National League, die sich mit 14 Teams wie schon die Jahre zuvor in jeder Hinsicht in einem Hoch befindet und die Stadien füllt. Die National League hat mit der Aufstockung von 12 auf 14 Teams der zweithöchsten Schweizer Eishockey-Profiliga mindestens zwei Top-Zugpferde entzogen. Dies gilt für den sportlichen Aspekt wie auch finanziellen. Wir haben an dieser Stelle bereits detailliert darüber berichtet, wie die Vermarktungsstrategie der SL scheiterte und so einige Clubs in finanzielle und mittelfristig auch in strukturelle Schwierigkeiten bringt. Nun wurde seitens der NL beschlossen, bei 14 Teams zu bleiben, was die SL automatisch weitere Jahre vor neuen Herausforderungen stellt bezüglich Statuten und Planbarkeit einer zumindest einigermassen lukrativen Profiliga. Da hilft es auch nicht, dass der Aufstieg des EHC Basel in der SL als Glücksfall erachtet wurde. Aber auch der EHC Basel kämpft um jeden Fan im Stadion und um die Aufmerksamkeit, die ihm ausserhalb der «Eishockey Bubble» weniger zuteil wird, als er es verdienen würde. Allerdings auch aufgrund einer eher passiven Marketingstrategie.

    Grosse Herausforderungen für die Swiss League Clubs
    Das Bekenntnis der National League zur 14er Liga hat also Konsequenzen. Ein Teil der Clubs wird eine Strategie der «Flucht nach vorne» in Betracht ziehen. Dazu kann man neben dem EHC Olten und den HC La Chaux-de-Fonds und mit Abstrichen auch den EHC Visp zählen. Aber auch beim EHC Basel spricht man offen über das mittelfristige Ziel – einem Aufstieg in die National League. Wenn auch dies seine Zeit brauchen wird, wie Sportchef Olivier Schäublin in diversen Interviews schon äusserte: «Die National League müsse in einer Stadt wie Basel die Vision sein. Ohne diese bräuchten wir hier keinen Hockeyverein zu betreiben», liess er sich im Blick zitieren. Aber für dieses Vorhaben einen Zeithorizont zu definieren sei schwierig.

    (Bild: © Edgar Hänggi) Jakob Stukel – Abseits der strukturellen Herausforderungen der Swiss League sorgt er im sportlichen Bereich für Furore und begeistert die Coaches, die Clubführung und die Fans.

    Für andere, weniger breit mit finanziellen und strukturellen Mitteln abgestützte Clubs wird der Verbleib in der SL eine finanzielle und sportliche Hängepartie. Das wird auch zu einem Problem für die ambitionierten Clubs wie den EHC Basel. Es stellt sich aktuell nun auch die Frage, ob die Swiss League ein «tragfähiger Unterbau» für die National League sein kann. Aber welche Clubs können ohne die wichtigen TV- und Werbegeld Einnahmen, die sich derzeit auf die National League konzentrieren, in einer solchen Liga überleben? Notabene einer Liga, die vor rund einem Jahrzehnt und erst recht zuvor noch florierte, weil attraktive Traditionsclubs mit guter Fan-Community hier dazugehörten.

    Es wird sogar noch spekuliert, ob man – nach dem Beispiel der ICEHL – die Swiss League internationalisiert. Oder: Eine Zusammenführung der Swiss League mit den besten Klubs der MyHockey League zu einer Liga mit mindestens 12 Teams. Der Wunsch ist, dass die Swiss League der Zukunft eine Profi- oder Semiprofi-Liga und eine gute Ausbildungsliga sein sollte. Aber dies wird eine grosse Herausforderung darstellen, wenn man aus dem Spielbetrieb (immer weniger Einnahmen aufgrund der geringeren Zuschauerzahlen und somit auch ein Wertschöpfungsproblem) und mittels Vermarktung (betrifft auch die Liga-Vermarktung…) so wenig generiert wie aktuell allenthalber.

    Der schnellste Spieler in der Swiss League
    Immerhin: Beim EHC Basel gibt es sportliche Lichtblicke. So ist Jakob Stukel ohne Zweifel – zusammen mit dem (Noch-) EHC Olten Star Gary Nunn – der spektakulärste und vor allem schnellste und dynamischste Spieler der Swiss League. In den ersten fünf Metern nimmt er in der Regel jedem Gegenspieler gleich einen Meter ab und ist auch aufgrund seiner Athletik sehr stark bei der «Puck Protection». Besonders wenn er mit Speed vor das Tor zieht. Sein Tordrang ist beim Gegner gefürchtet wie auch sein ansatzloser Handgelenkschuss und natürlich seine Skating-Qualitäten.

    Fazit: Jakob Stukel ist ein Spektakelspieler, der in der Swiss League dominiert und bereits bei einigen Clubs Begehrlichkeiten weckt. Er ist die Hauptattraktion beim EHC Basel. Wir befinden uns im ersten Saisondrittel, aber es wird jetzt schon deutlich, wohin die Reise wohl mittelfristig für den sympathischen Kanadier aus der Provinz British Columbia gehen wird: In die National League oder in eine der Top-Ligen Europas. Zunächst aber, will er sich in der Swiss League noch weiter verbessern und es ist nicht ausgeschlossen, dass der 25jährige eine weitere SL Saison anfügt: «Die Swiss League ist für mich im Moment ideal, weil man sich hier mit Tempo und technischen Fähigkeiten ins Rampenlicht spielen kann. Ich bekomme viel Eiszeit – auch in Unterzahl und im Powerplay. Was mich besonders freut: Ich stehe in den wichtigsten Spielminuten auf dem Eis, wenn es darum geht, im Match ein Momentum zu erzwingen und Tore gefragt sind. Aber gleichzeitig freue ich mich auch, wenn ich damit beim Fachpublikum – auch in der National League – Aufmerksamkeit erzeuge.» Stukel kann Spiele mit Einzelaktionen fast im Alleingang entscheiden, doch noch besser läuft es ihm mit seinem kongenialen Partner Brett Supinski, mit welchem er mittlerweile nicht nur auf dem Eis sondern auch ausserhalb ein «Traumduo» bildet.

    Ein gutes Netzwerk hilft…
    Dass Jakob Stukel überhaupt beim EHC Basel landete, war und ist einigen Leuten zu verdanken. Stukel war in der Saison zuvor auch schon der schnellste und dynamischste Spieler – damals in der ICEHL (höchste Liga für Teams aus Österreich, Italien, Slowenien und Ungarn). Also in einer Liga, die qualitativ mindestens auf dem Niveau der Swiss League steht. EHC Basel-Chefcoach Christian Weber kann deshalb nicht oft genug betonen: «In der Swiss League ist Geschwindigkeit enorm wichtig. Und Effizienz vor dem Tor. Wir haben einen Ausländer gefunden, der alle unsere Anforderungen mehr als erfüllt. Und zudem ist er auch menschlich top. Ein echter Teamplayer.»

    Christian Weber weiss, wovon er spricht. Er arbeitete viele Jahre in Österreich und kennt die wichtigsten Scouts und Trainer der ICEHL in- und auswendig. So auch die Liga. Er hat den Spieler mehrfach von Vertrauenspersonen und Spezialisten scouten lassen und stundenlang Videos mit den Shifts des Spielers analysiert. Auch Sportchef Olivier Schäublin war damals schnell vom Kanadier begeistert. Jakob Stukel hatte auch andere gute Angebote. Weber sei sehr froh, dass auch die zuständige Agentur ihm die Mehrwerte von Basel und dem EHC Basel gut vermitteln konnte. Kein Wunder, wird er doch von einer in Basel ansässigen Agentur betreut (Sportagon Swiss Player’s Management).

    Man darf also guten Gewissens jetzt schon behaupten, dass der 25jährige der «ideale Import-Player» für die Swiss League ist und ohne Zweifel der «Bargain of the Season» 22/23. Jetzt bleibt zu hoffen, dass sich nun auch jene Sportbegeisterten aus der Region Basel, die noch gar nicht oder nur unregelmässig in die St. Jakob Arena pilgern, diesen Spektakelspieler öfter «live» sehen wollen. Das hat auch die Mannschaft verdient, die spielerisch oft überzeugt, aber aktuell noch etwas Lehrgeld als Aufsteiger zahlt bezüglich Effizienz und Konstanz.

    JoW


     

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